Iv. König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen und seine Zeit. 1840—1861.
1. Persönlichkeit.
Am 15. Oktober 1795 geboren, ging Friedrich Wilhelm Iv. bei seiner Thronbesteigung der Vollendung des 45. Lebensjahres entgegen. Eine schöne, stattliche Erscheinung, hochgewachsen, ein Meister der Rede, in die Staatswissenschaften von dem berühmten Geschichtsforscher und Diplomaten Niebnhr eingeführt, im Kriegswesen noch von Scharnhorst.unterrichtet, in den schönen Künsten von dem Baumeister Karl Friedrich Schinkel und dem Bildhauer Christian Rauch ausgebildet. Der religiöse Grundton seines Wesens, der in den Worten ausklang: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen", stammte von seiner Mutter, de/leid' geprüsten Königin Luise. Er war vermählt mit der Prinzessin Elisabeth von Bayern.
Zu seinen ersten Regierungshandlungen gehört der Straferlaß, die Amnestie für die sogenannten politischen Vergehen. Ernst Moritz Arndt erhielt seine Professur in Bonn wieder, der Turnvater Jahn, Fritz Reuter und die übrigen Opfer der Demagogenverfolgung wurden in Freiheit gesetzt.
Bedeutende Gelehrte, wie den Naturforscher Alexander von Humboldt, die Sprachforscher Jakob und Wilhelm Grimm, die Geschichtsforscher Droyfen, Mommsen, Giesebrecht, den Geographen Ritter, den Altertumsforscher Lepsius, den namhaftesten Kenner der altägyptischen Geschichte, und viele andre wissenschaftlich bedeutende Männer berief er an die preußischen Universitäten.
Baumeister, Maler und Bildhauer erhielten von ihm Anregung und ehrenvolle Beschäftigung. Das Stammschloß seiner Familie, die Burg Hohenzollern, das Schloß Marienburg in Westpreußen, den Sitz der Hochmeister des ehemaligen Deutschen Ordens, ließ er wiederherstellen und legte 1842 den Grundstein zum Weiterbau des Cölner Domes. Der Baumeister Stüter erhielt den Auftrag, das Neue Museum zu bauen, das die Sammlungen von Gegenständen, die auf die Kultur- und Kunstgeschichte aller Völker und aller Zeiten Bezug haben, aufnehmen sollte. Der König wollte diese Schätze des Königlichen Hauses dem ganzen Volke zugänglich machen und ihm gewissermaßen eine Kulturgeschichte der Menschheit durch Anschauungsmittel vorführen.
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Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
Erzeugnisse, die teils, wie Kaffee, Tabak, Getreide, dem Genusse dienen, teils, rote Baumwolle, Wolle, Holz, von der Industrie verarbeitet werden, hat ebenso zugenommen wie die Ausfuhr der verschiedensten gewerblichen Erzeugnisse; es gibt in Deutschland Industrien, die vornehmlich für den Export arbeiten. Jetzt bei Beginn des neuen Jahrhunderts steht Deutschland, was die Größe des Außenhandels und die Tragfähigkeit der Handelsflotte anlangt, unter den Nationen an zweiter Stelle und wird nur von England übertroffen. Um den Zahlungsverkehr zu erleichtern, ist die Kreditwirtschaft ausgebildet worden. Die Träger dieses Kreditsystems sind die Banken; nur der kleinere Teil der Zahlungen erfolgt durch Metallgeld, die meisten vollziehen sich durch Wechsel, Banknoten und andere Kreditmittel.
§ 228. Das geistige Leben in Deutschland. Während sich das wirtschaftliche Leben so gewaltig entwickelte, wurden auch die verschiedensten Zweige der Wissenschaft auf das eifrigste gepflegt. Größere Erfolge wtsimschaft a*§ Je *n einem früheren Jahrhundert waren der Naturwissenschaft Geschieden; ihren außerordentlichen Leistungen war ja der Aufschwung des Gewerbes und des Verkehrs zum größten Teile zu verdanken. Bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus lebte Alexander von Humboldt, der mit umfassendem Blick die gesamte Naturwissenschaft übersah. Seitdem haben sich ihre einzelnen Zweige schärfer voneinander geschieden; fast auf allen Gebieten sind durch die Forschung genialer Männer glänzende Ergebnisse erzielt worden, die zu einem guten Teil auch praktische Verwendung gefunden haben.
«eisteseen- Neben den Naturwissenschaften haben sich die h i st o r i s ch e n
Wissenschaften entfaltet. Als Geschichtsforscher und Geschichtschreiber steht an erster Stelle Leopoldvonranke. Als Begründer der Wissenschaft von der deutschen Sprache und dem deutschen Volkstum sind zu nennen die Brüder §akob und Ntih elmgrimm. Auch die Philosophie hatte in der ersten Hälfte des Jahrhunderts mehrere glänzende Vertreter; auf K ant, der zu Beginn des Jahrhunderts gestorben war, waren Fichte, Schell.ing und Hegel gefolgt, unter denen besonders der letzte einen großen Einfluß ausübte.
Dichtkunst. Die deutsche Dichtkunst wurde im ersten Drittel des Iahr-
hunderts beherrscht durch die überragende Gestalt Goethes; er starb am 22. März 1832. Von den übrigen Dichtern des Zeitalters wurden mehrere, so Cham i sj o und E i ch e n d o r f f, von der romantischen Schule beeinflußt. Der bedeutendste Dlcper'fres" schwäbischen Dichterkreises ist
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Extrahierte Personennamen: Alexander_von_Humboldt Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland England Deutschland Cham
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Besondere Aufmerksamkeit wendete der Kaiser den Kirchen und Schulen zu. Er gründete viele Klöster und Kirchen und verordnete, daß die Geistlichen die Kranken und Armen verpflegen,
Kaiser Äaxl der Große in der Schule.
die Fremden beherbergen, die Jugend unterweisen und den Gottesdienst in feierlicher und würdiger Weise halten sollten. Zur Verherrlichung des Gottesdienstes ließ er Sänger aus Italien kommen und Orgeln in den Kirchen aufstellen. Um die Schulen zu verbessern, berief er gelehrte Männer an seinen Hos. Bei den Kirchen und Klöstern mußten Schulen errichtet werden, und durch ein besonderes Gesetz wurde geboten: „Jedermann soll seine Kinder zur Schule schicken und sie darin lassen, bis sie in aller guten Lehre recht unterwiesen sind." Saumselige und pflichtvergessene Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schickten, wurden um Geld oder mit Gefängnis bestraft. Wie fehr ihm die Bildung der Jugend am Herzen lag, zeigte Karl dadurch, daß er oft und gerne die Schule besuchte; da achtete er auf die Fortschritte der Schüler, lobte die fleißigen und schalt die trägen?)
Ganz besonders lieb war dem großen Kaiser die deutsche Muttersprache. Er befahl, daß man die alten deutschen Lieder von den Helden der Vorzeit aufschreibe. Mit den gelehrten
*) Vgl. im Anhang das Gedicht: Wie Kaiser Karl Schulvisitation hielt.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_Schulvisitation Karl
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machte er, wie es der Gebrauch der jungen Adeligen damals war, zu seiner weiteren Ausbildung Reisen durch Deutschland, Holland, Italien. In Padua verweilte er längere Zeit und beschäftigte sich eifrig mit der Sternkunde und Sterndeuterei;
Wallenstein.
denn in der damaligen Zeit herrschte auch bei den Gebildeten und Gelehrten der Aberglaube, man könne aus den Gestirnen die Zukunft und die Schicksale der Menschen vorhersagen. Nach seiner Heimkehr trat er ins kaiserliche Heer ein und machte einen Feldzug gegen die Türken mit. Hier zeichnete er sich so sehr aus, daß er, kaum dreiundzwanzig Jahre alt, zum Hauptmann befördert wurde. Durch eine bedeutende Erbschaft und durch die Heirat mit einer begüterten Witwe gelangte er zu großem Reichtum.
Wenn in jener Zeit ein Fürst Krieg führen wollte, mußte er sich seine Soldaten anwerben. Er beauftragte damit tüchtige Kriegsleute. Diese sandten Offiziere aus, die in Städten und Dörfern auf öffentlichen Plätzen die Fahne des Kriegsherrn uufpflanzten und durch Trommelfchlag bekannt machten, daß Leute angenommen würden, die Lust zum Kriegsdienste hätten. Die Angeworbenen erhielten ein stattliches Handgeld und leisteten
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Die griechische Kunst und Wissenschaft.
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größere Reiche und eine große Anzahl kleinerer Staaten hervor. Die drei Großmächte, die sich bildeten, waren Makedonien, Syrien und Ägypten. Makedonien wurde von dem Geschlecht der Antigoniden beherrscht; es war ein Militärstaat, der durch sein Heer auch aus die benachbarten griechischen Staaten einen maßgebenden Einfluß ausübte. Der größte der Diadochenstaaten war das Königreich der Seleuciden, Syrien oder auch Asien genannt, das sich zeitweilig von Kleinasien bis nach Iran erstreckte; aber es war ein Reich ohne innere Einheit, dazu von untüchtigen, genußsüchtigen Königen beherrscht. Ägypten, das Reich der Ptolemäer, war vorzugsweise ein See- und Handelsstaat, der eine starke Flotte besaß. Aber in Alexandria wurde auch die Wissenschaft gepflegt; dort befand sich die berühmteste Bibliothek des Altertums; es wurde neben Athen, das seinen wissenschaftlichen Ruhm auch ferner behauptete, und der kleinasiatischen Königsresidenz Pergamon, deren Reste auf Kosten des Deutschen Reiches bloßgelegt worden sind, ein Sammelpunkt für die Gelehrten.
Die Diadochenreiche haben den vordringenden Römern nicht wider- ®tt1”ömrr stehen können. Zuerst erlag ihnen Makedonien; im Jahre 146 eroberten sie Griechenland und zerstörten Korinth. Später sind auch Kleinasien, Syrien und Ägypten Provinzen dieses Weltreiches geworden.
Die griechische Kunst und Wissenschaft.
§ 53. Die Züge Alexanders hatten griechischem Wesen eine ungeheure Verbreitung eröffnet; ein großer Teil Vorderasiens nahm allmählich die griechische Sprache und die griechische Kultur an. Und während der griechische Freistaat ein Ende nahm, lebten die griechische Wissenschaft und die griechische Kunst weiter fort. Unter den Wissenschaften ist vor allem die Philosophie zu nennen; nach dem Tode Platons und des Philosoph Aristoteles waren es besonders die Schulen der Stoiker und der Epikureer, die großen Einfluß gewannen.
Die griechische Kunst hat auch nach Phidias herrliche Schöpsungen Kunst, hervorgebracht. In der Baukunst trat dem dorischen und ionischen der korinthische Stil zur Seite, dessen Säule ein mit Akanthusblättern geschmücktes Kapital trägt. Die bedeutendsten Bildhauer des vierten Jahrhunderts waren Praxiteles, dessen Hermesstatue bereits erwähnt worden ist (§36), und Lysippus, der Alexander in Marmor nachbildete, während ihn Apelles malte. Derselben Zeit entstammt auch die großartige Büste des Zeus, die nach ihrem Fundort, der italienischen
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Extrahierte Personennamen: Alexanders Alexander Alexander
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Iii. Die Zeit des Deutschen Reiches.
130.
Polargegenden sind in der letzten Zeit bekannter geworden. Der Natur-forscher entdeckt neue Elemente, neue Erscheinungen der Elektrizitt und des Lichtes; er erkennt die chemische Znsammensetzung der entferntesten Himmelskrper, beobachtet die kleinsten, dem bloen Auge unsichtbaren Lebewesen und untersucht die Bedingungen des organischen Lebens. Dennoch sind wir von einer vollstndigen Erkenntnis der Natur weit entfernt. Kennt doch der Mensch die Natur seines eigenen Krpers so wenig, da sich der die Behandlung der inneren Krankheiten die verschiedensten An-sichten nebeneinander behaupten.
Mehr als jemals hat die Bildung das ganze Volk durchdrungen. Durch die Verbreitung und sorgfltige Einrichtung der Schulen, durch volkstmliche Bcher, Zeitungen und Zeitschriften, durch Vereine und Vortrge ist fr das Bildungsbedrfnis aller gesorgt. Freilich sind das Vielwissen und die Gewandtheit, das Wissen anzubringen, nicht immer mit grndlicher Bildung verbunden.
3. Industrie, Handel und Landwirtschaft. Deutschland ist ein Industrie-staat geworden. Die Groindustrie (vgl. Bild 13) hat nach 1871 noch schneller zugenommen als vorher. Die Ursachen liegen in der Verbesserung der Verkehrsmittel, dem Kapitalreichtum, der Bildung der Arbeiter und ihrer durch die soziale Gesetzgebung gehobenen Lage. An Gte wurden die deutschen Jndustrieerzeugnisse noch bis in die siebziger Jahre von den englischen bertroffen, aber bald waren sie ihnen mindestens ebenbrtig (Made in Germany!''), und in den Zweigen, die von der Wissenschaft unmittelbar befruchtet werden (Herstellung von Farben, Chemikalien, elek-irischen Maschinen und wissenschaftlichen Instrumenten) trat eine ent-schiedene berlegenheit der deutschen Fabrikate hervor. Der durchgebildete, fleiige deutsche Geschftsmann verstand es auch, seinen Waren im Aus-lande Ansehen und neue Absatzgebiete zu verschaffen. Zwar wird der deutsche Ausfuhrhandel vom englischen noch weit bertroffen, aber das Verhltnis hat sich schon sehr zugunsten Deutschlands verschoben.
Der Landwirtschaft sind durch die Fabriken viele Arbeitskrfte entzogen worden. Sie werden ersetzt teils durch auslndische Arbeiter, teils durch den Dampf, der seinen Einzug auch in die Landwirtschaft gehalten hat. (Vgl. Bild 1416.)
Seit dem starken Aufschwung der Fabrikttigkeit hat das Hand-werk in mancher Beziehung Schaden gelitten. Daran ist nicht nur die unmittelbare Konkurrenz der Fabriken schuld, sondern noch mehr haben die vernderten Bedarfs- und Absatzverhltnisse *) dazu beigetragen. Viele
*) Der Rckgang der Bttcherei z. B. hat folgende Ursachen: 1) Nach der Anlage von Wasserleitungen waren die Eimer berflssig, in denen man das Wasser aus den Brunnen geholt hatte. 2) Neben den hlzernen Eimern kamen metallene auf. 3) Der Verbrauch von Fssern zum Einlegen von Kraut und Fleisch lie nach. 4) Die groen Brauereien und Weinhandluugen legten eigene Bttcherwerksttten an.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Germany Deutschlands
Ii. Die Zeit der nationalen Staatenbildung.
121.
wie die Schriftsteller der Aufklrung" vor der Franzsischen Revolution ihre Pfeile gegen alles, was ihnen mifiel; manche gefielen sich darin, das Elend der Notleidenden in grellen Farben zu schildern und den Ha gegen die Besitzenden zu schren.
Der grte Dramatiker seiner Zeit war der Dithmarscher Hebbel, dessen Hauptwerke um die Mitte des Jahrhunderts erschienen.
Den Reigen der geschichtlichen Romane erffnete Scheffels Ekkehard".
Komponist und Dichter zugleich war R. Wagner aus Leipzig, der Schpfer des Musikdramas. (Die Bayreuther Festspiele.)
Unter den Malern ragte W. Kaulbach, ein Schler von Cornelius, hervor. Die Wandgemlde im Treppenhause des Neuen Museums in Berlin, die er im Auftrage Friedrich Wilhelms Iv. malte ( 119,3), stellen in bedeutsamen Ereignissen die Entwicklung des Menschengeschlechts dar. Fr A. Menzels Ttigkeit gaben Friedrich der Groe und seine Zeit die Hauptstoffe ab (vgl. Heft 3, Bild 39).
In der Bildhauerkunst machte sich Rietschel, Rauchs grter Schler, verdient durch das Doppelstandbild Goethes und Schillers in Weimar.
2. Die Kirche. Im kirchlichen Leben machte sich ebenfalls eine Auf-lehnung gegen die berlieferte Ordnung bemerkbar. Es traten Licht-freunde" auf und bildeten freie" Gemeinden. Von hnlicher Richtung waren die an vielen Orten auftauchenden deutsch-katholischen" Gemeinden Um so entschiedener aber beharrten die Anhnger des altert Kirchentums auf ihrem Standpunkt. Die Untersttzung der in der Zerstreuung lebenden Glaubensgenossen machte sich aus katholischer Seite der Bonifatius-verein, auf protestantischer der Gustav-Adolf-Verein zur Aufgabe.
3. Die Wissenschaften. Ein Zusammenhang mit den politischen Bestrebungen ist auch in der Geschichtsschreibung deutlich. Dahlmanns Geschichte der Englischen Revolution" und Geschichte der Franzsischen Revolution", wenige Jahre vor der Februarrevolution geschrieben, trugen das Ihrige dazu bei, die revolutionre Stimmung zu nhren.
Nach der Revolutionszeit schrieb G. Freytag, der auch als Dichter Hervorragendes leistete, seine anziehenden, auf grndlicher Forschung be-ruhenden Bilder aus der deutschen Vergangenheit".
Groe Fortschritte machten die Naturwissenschaften. Der Astronom Galle in Berlin entdeckte den Planeten Neptun, dessen Dasein vorher everrier in Paris durch Rechnung nachgewiesen hatte. Aus den Forschungen des Chemikers Liebig in Gieen zogen Landwirtschaft, In-dustrie und Gesundheitspflege den grten Nutzen.
4. Erfindungen. Die fortschreitende Erkenntnis zog eine Reihe wichtiger Erfindungen nach sich. Man lernte, nach der Erfindung des Franzosen Daguerre Lichtbilder auf Metall- und Glasplatten, spter
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Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Berlin Doppelstandbild_Goethes Weimar Berlin Paris
Ho 25. Die Anfänge der Ludwig-Maximilians-Unwersität in Ingolstadt.
Die vierte Fakultät war die der Artisten oder philosophische. Sie hatte in der ersten Zeit der Jngolstüdter Universität die größte Bedentnng unter allen Fakultäten. Ihre Statuten waren ziemlich genau denen der Wiener Universität nachgebildet. Damals trat in den philosophischen Fakultäten aller Hochschulen ein eigentümlicher Gegensatz zweier Richtungen auf, die „via aniiqna“ und die „via moderna“. Dieser Gegensatz fand auch in Ingolstadt seinen Ausdruck, indem die Artistenfakultät hier wieder in zwei Fakultäten zerfiel, deren jede ihren Dekan und ihr Konsilium hatte.
Auch in dieser Fakultät war das Ziel alles Studiums die Promotion. In wissenschaftlicher Hinsicht wurde die Fakultät völlig vom Geiste des Aristoteles beherrscht. Wer Baccalaureus werden wollte, mußte Grammatik, Rhetorik, Logik, Astronomie (Sphaera materialis), Arithmetik und die ersten Bücher des Euklid studiert haben. Zum Magisterexamen aber waren noch eingehendere Studien über die Werke des Aristoteles erforderlich sowie Metaphysik, Ethik und die Theorie der Planeten. Die Artistenfakultäten jener Zeit sahen eben ihren Gegenstand immer noch in den uralten sieben freien Künsten (artes liberales sen ingenuae). Als solche galten: Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie, Dialektik und Rhetorik.
Die Mitglieder der Artistenfakultät wohnten in sogenannten Bursen beisammen. Es wurde überhaupt kein Student zu einer Promotion zngelaffen, der nicht entweder im Kollegium oder in einer autorisierten Burse wohnte. Ausgenommen von diesem Zwange waren bloß die Reichen, die sich einen eigenen Magister halten konnten, sodann jene armen Studenten, die bei einem andern Studenten als dessen Diener wohnten, endlich die Jngolstädter Bürgerssöhne. Die Bursen standen unter der Oberaufsicht der Fakultät; jede Burse Hatte zum Vorstande einen ehrenwerten Magister, welcher als Honorar Wohnung und Kost in der Burse, außerdem wöchentlich Geldzahlungen, Repetitionsgelder und Geschenke erhielt. Er präsidierte bei Tisch, visitierte die Zimmer der Mitglieder, beobachtete ihre Besuche und schloß die Burse im Sommer bei Sonnenuntergang, im Winter um 6 Uhr abeuds. Wer bei Torschluß noch außen war, mußte dem Dekan angezeigt werden. Nächtliches Aussteigen war verpönt (dürfte aber trotzdem eine sehr beliebte Turnübung gewesen sein); bei Strafe waren auch verboten: Poltern und Schreien vor den Türen des Hanfes, unschickliches Musizieren, Spiel um Geld, Schimpfworte und Prügel sowie das Tragen von Waffen. Die in der Burse wohnenden Studenten durften unter sich nur lateinisch sprechen.
So waren die wichtigsten Einrichtungen der vier Fakultäten. Mit diesen Einrichtungen und einer durchschnittlichen Zahl von 5—600 akademischen Bürgern trat die Jngolstädter Hochschule vollberechtigt in den Kreis ihrer Schwestern ein. Schon in den ersten zwei Jahren zählte sie unter ihren Studenten junge Leute aus Württemberg, aus der Schweiz, aus Hessen, Thüringen, Sachsen, Österreich und sogar aus Paris. Bald fanden sich auch
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11. Kloster Tegernsee.
Tegernsees Grundbesitz und Handel stellte im südlichen Bayern eine wirtschaftliche Großmacht dar. Wie eine agrarische Katastrophe mag es darum gewirkt haben, als der Bayernherzog Arnulf zu Beginn des 10. Jahrhunderts das tegernseeische Klostergut au sich zog, um mit demselben den kostspieligen Reiterdienst zu entschädigen, den seine Vasallen im Kriege gegen die Hunnen äu leisten hatten. Nur 114 Husen Landes waren den Mönchen verblieben. Alsbald zerfiel anch des Klosters innere Ordnung. In die von den Mönchen verlassenen Zellen drangen die herzoglichen Jäger ein; das Münster des heiligen Quirinus widerhallte vom Gebelle der Jagdhunde. Zuletzt zerstörte eine mächtige Feuersbrunst Kirche und Kloster. Adalberts und Otkars herrliche Stiftung lag in Trümmern. Ein Brennpunkt für die wirtschaftliche Kultur des südlichen Bayerlandes war erloschen, ein mächtiger wirtschaftlicher Organismus war zerstört, doch nicht für immer. Nach 70 Jahren gänzlicher Verödung sollte neues Leben aus den Ruinen sproßen und Tegernsee zu einer zweiten und um so höheren Blüte gelangen, je mehr sich jetzt das geistige Leben in den Vordergrund drängte.
^or am 10. Juli 979, als Kaiser Otto Ii. aus Bitten des Bayernherzogs Otto die Wiederherstellung des Klosters und die Rückgabe der meisten früheren Klostergüter anordnete. Auch Ottos unmittelbare Nachfolger wendeten dem Kloster Tegernsee ihre königliche Gunst zu. Besonders gut bedachte es Kaiser Heinrich Ii., indem er dem heiligen Quirinus unter anderm im Handelszeichen Regensburg eine Hofstatt und in der Ostmark kostbare Weinberge überließ. Heinrichs Gemahlin aber, die Kaiserin Kunigunde, spendete dem Quirinusmünster ihr Brautkleid. Das daraus gefertigte Meßgewand pflegte man alljährlich am Kuuiguudeutag (3. März) beim feierlichen Gottesdienste zu gebrauchen. Die Kaiser Friedrich I. und Heinrich Vi. hinwiedernm statteten das Kloster mit umfassenden Vorrechten aus, während ihm Papst Urban Iii. (1185—1187) den Besitz mehrerer Gotteshäuser bestätigte.
e>o ward der feste, materielle Boden gewonnen, auf dem Wissenschaften und Künste gedeihen konnten.
^eu Reigeu jener Äbte, die sich um Förderung des geistigen Lebens im neu erstandenen Kloster am angelegentlichsten bemühten, eröffnet Abt Gozbert (982 1001). Er war von St. Emmeram in Regensburg nach Tegernsee berufen
worden um hier das Studium der klassischen Literatur wieder in Schwung zu bringen. Mit Vorliebe lasen damals die Tegernseer Klosterschüler Horatins, Persins, Cicero, Boethius und Priscianns. Unter Gozberts Nachfolger, dein Abt Geringer (1004—1012), wirkte an der Klofterfchule als Lehrer der klassischen Literatur der Dichter Froumuud, dem einige auch die Dichtung „Ruodlieb" zuschreiben. Mit Fronmnnd blühte in Tegernsee Hrotroh, der Philosoph. Voll innigen Dankes spricht um das Jahr 1067 der berühmte Mönch und Mystiker Otloh über Tegernsee als den Ort, wo er sich die ersten Kenntnisse der Klassiker erworben habe. Zehn Lehrer wirkten zu Otlohs
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93. Ludwig I. von Bayern als Erzieher seines Volkes.
doch namentlich die Haltung der Münchener Bürgerschaft bewogen hatte, die Mittel anwies zum Bau eines griechischen Prachttores, das den herrlichsten Platz Münchens, den Königsplatz, würdig abschließen sollte!"
Aber solche Züge einer großen Seele zu erzählen würde ich kein Ende finden. Ich muß mir versagen, ein seinem Lebenslauf zu zeigen, daß er ein echter Fürst von Gottes Gnaden war; ich will nur einen Punkt seiner Wirksamkeit herausgreifen, will nur daran erinnern, wie er ein Führer, ein Erzieher seines Volkes gewesen ist.
Diejenigen sind die besten Erzieher, welche sich selbst ihr Leben lang als Schüler betrachten. Von solcher Denkart war König Ludwig. „Wer's ehrlich meint mit Leben und Streben," schreibt er einmal an seinen hochverehrten Lehrer Blumenbach, „der bleibt Stnbent sein Leben lang." Lnbwigs Frenbe zu lernen erlosch nur mit seinem Leben. Eifrig eignete er sich noch in reiferen Jugeubjahreu biejenigen Kenntnisse an, die er von seinen ersten Lehrern nicht erlangen konnte, die er selbst aber für wesentlich zur Btlbuitg hielt. Er ruhte nicht, bis er die griechischen und lateinischen Klassiker geläufig lesen sonnte, und das hörte nicht mit den Jünglingsjahreu auf, bis an sein Lebensenbe und täglich suchte er in der Lektüre Homers ober Herobots Erholung nach der Arbeit. Jakobs mtb Thiersch haben der Belesenheit wie dem Verstäubuis des königlichen Schülers hohes Lob gezollt. Französisch und italienisch sprach er fließend. In feinen Studienjahren trieb er russisch. Zn Rom im Jahre 1817, als alle Zeichen einen Aufstand der Hellenen ankündigten und er, ein Freunb, ein Mitkämpfer, nach Griechenlanb gehen wollte, lernte er neugriechisch. Um seine Absicht zu vereiteln ließ König Max Joseph die Verfassung rascher, als er anfänglich geneigt gewesen war, veröffentlichen und rief beit Kronprinzen zur Beeibignng zurück. Mit dem Studium der spanischen Sprache beschäftigte er sich 1846, als er eine Reise durch Spanien zur Erwerbung von Kunstschätzen plante. Er übertrug in der Folge sein Lieblingsdrama Don Carlos ins Spanische und mehrere spanische Lustspiele ins Deutsche. Kurz, er lernte unermüdlich um Altertum und Gegenwart zu begreifen. Er erkannte auch beit vollen Wert historischer Forschung und Betrachtung; er, der in feinen Jugendtagen begeisterte Briefe mit Johannes v. Müller gewechselt hatte, blieb zu allen Zeiten ein Freunb der Gefchichtsknnbe und Gefchichtsknnbigen. Von den exakten, den streng beweisfähigen Wissenschaften, zog ihn die Rechtswissenschaft am meisten an; ihr Stnbinin galt ihm als unerläßlich für einen Fürsten. Keine bebeutenbe literarische Erscheinung entging ihm; er war ein eifriger Benutzer der Hos- uttb Staatsbibliothek, beim nur nachbem er ein Werk selbst geprüft hatte, ließ er es für feine eigene Bücherei anschaffen. So erlangte er die grünblichften Kenntnisse in allen Zweigen, die für Erledigung feiner Regierungsgefchäfte von Belang waren.
Und wie gewissenhaft oblag er biefeit Pflichten! Man kann ohne Übertreibung sagen, daß er ein Arbeitsbrang und Arbeitskraft dem großen Friedrich
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_I._von_Bayern Ludwig_I. Ludwig Ludwig Blumenbach Lnbwigs_Frenbe Jakobs Max_Joseph Max Carlos Johannes_v